Gedankenanstöße zum Vaterunser von Rainer Zincke:
Vater unser
im Himmel
Vater
- Er ist nicht irgendwer, ist weder distanziert noch Amtsperson.
- Er ist nah und doch so groß,
- er ist lieb und fürsorgend, und doch voller Autorität.
- Er hat Zeit für sein Kind und beschützt es.
- Er hat jederzeit ein offenes Ohr für die Probleme seines Kindes.
- Er gibt Linien vor, in dem sich das Kind bewegen kann.
- Er begleitet das Kind, bis es herangewachsen ist, bleibt für immer Gesprächspartne
Gott wird zu meinem Vater,
- er ist mein Vater - ich sein Kind
Indem ich Vater zu ihm sage, gebe ich mich ganz in seine Hand !
- Ist Gott DEIN Vater ?
Geheiligt werde
dein Name
Was verbirgt sich hinter „heilig“ und warum soll sein „Name“ geheiligt werden?Dazu ist es sinnvoll, in den Urtext zu blicken. Das ist der originale Text, der ursprünglich in Griechisch geschrieben worden ist.
Hier gibt es zwei Wörter, die ins Deutsche übersetzt, heilig bedeuten.
Das eine davon „hieros“ und kommt hauptsächlich im religiösen Zusammenhang vor und bedeutet soviel wie „heilig, unnahbar, tabu, verzaubert“.
Das andere Wort „hagios“ finden wir lediglich im Neuen Testament im religiösen Zusammenhang, es bedeutet soviel wie „heilig, abgesondert, gereinigt, durch und durch sauber“.
Sprechen wir von einem heiligen Gott, sprechen wir nicht von einem Gott, der irgendwo und unnahbar oder sogar tabu ist.
Wir brauchen keinen Zauber oder Trancezustände, um mit Gott in Kontakt zu kommen.
Unser Gott ist rein, sauber, von ihm geht nichts Schlechtes aus, er alleine versammelt alle guten Eigenschaften auf sich.
Geheiligt werde
dein Name
In den alten Zeiten steht der „Name“ nicht nur für die Person als solche, sondern für die Person, die ihn trägt. Name und Person werden eine Einheit.
So bedeutet das griechische Wort, das wir hier vorfinden („onoma“) nicht nur Name, sondern insbesondere auch „Titel, Person, Autorität, Kraft“.
Im Juristendeutsch hat diese umfassende Bedeutung zumindest in der Wendung, „in jemandes Namen eine Erklärung abgeben“, d. h. in Vollmacht jemandes zu handeln, überlebt.
Vater, du alleine bist rein und allmächtig!
Wir Christen nennen solche Aussagen Anbetung. Der Begriff „Anbetung“ lässt sich schwer in verständliches Deutsch übersetzen. Mit ein paar Abstrichen trifft der Ausdruck: „Komplimente machen“ den Kern ganz gut.
Dein Reich
komme
Reich - lassen Sie uns wieder einen Blick in den griechischen Text tun: „Basileia, Reich, Königreich, Herrschaft“.
Hier stellt sich natürlich die Frage, ob Gott nicht schon herrscht. Die Antwort darauf ist: Ja und Nein.
Erinnern wir uns an Johannes den Täufer. Eine seiner Hauptaussagen war:
„Kehrt um, kehrt um, die Herrschaft Gottes ist nahe herbeigekommen“.
Gott hat seiner Schöpfung freien Lauf gelassen. Erst am Ende der Zeiten, wenn Jesus wiederkommt, wird er endgültig seine Herrschaft aufbauen.
Vater - lass Jesus bald wiederkommen!
Dein Wille geschehe
wie im Himmel,
so auf Erden.
Wer bin ich, um das Weltengeschick zu beeinflussen. Mein Einfluss reicht nicht weit. Auch die Macht des größten Managers oder Staatsmannes ist begrenzt - auch der mächtigste Mensch wird irgendwann sterben, hier vergehen und hinterlässt über einen kurzen Zeitraum nur noch eine Erinnerung, die immer mehr verblasst. Keiner kann sich gegen die von Gott gesetzten Naturgewalten stellen.
Herr, dein Wille geschehe...
...aber warum ist dann all das Leid hier um uns herum? Ist das DEIN Wille?
Würden die Menschen dir gehorchen, mit dir leben, könntest du durch sie wirken? Herr, wir geben dir keine Chance.
Dein Wille geschehe in uns, durch uns. Herr, lebe du in mir.
Unser tägliches Brot
gib uns heute
Brot als elementares Nahrungsmittel.
Vor einigen Jahrhunderten gab es in Europa und Vorderasien weder Kartoffeln noch Reis. Brot wird oft als Synonym für Nahrung und das Überleben generell benutzt.
Somit bedeutet es auch:
- Herr gib, dass wir Nahrung haben,
- Herr gib, dass wir Arbeit haben,
- Herr gib, dass wir Wohnung haben.
Allerdings steht hier nicht, „Herr schenke uns, während wir faul auf unserem Sofa liegen und in die Glotze gaffen.“
Aber wir brauchen uns nicht alleine abzumühen, uns keine Sorgen machen, wir können sie bei Gott abgeben
- und wir werden frei für Gott und unsere Mitmenschen.
Und vergib uns
unsere Schuld,
wie auch wir vergeben
unseren Schuldigern.
Vergib uns unsere Schuld - das ist ja so eine Sache.
Aber welche Schuld denn? Wir sind doch OK - wir sind doch Christen oder „gute Menschen“. Aber nein, Sünde tun wir doch nicht - ja, die 10 Gebote, die halten wir irgendwie schon ein. - ODER?
NEIN. Wir machen alle Mist. Na, wir können uns das schon oft hindrehen, aber objektiv betrachtet, sieht das ganz anders aus. In der Bergpredigt wird uns das richtig vor Augen geführt. Wir sind nicht gut.
Aber die Bibel sagt ja auch, warum wir es nicht schaffen gute Menschen zu sein: Nachdem sich der Mensch von Gott innerlich getrennt hat, ist sein Innerstes Böse.
Um die Trennung aufzuheben, hat Gott Jesus auf die Erde geschickt. Er starb stellvertretend für uns, trug die Konsequenzen, die die Sünde mit sich bringt: den Tod.
Wir können den Umstand, dass wir sündigen, nicht abstellen. Aber wir können abstellen, dass die Sünden uns belasten, indem wir vor Jesus treten und sie ihm immer wieder bekennen und Vergebung erhalten. Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder bewusst machen, dass wir von Grund auf schlecht sind.
Halt, Stopp!
Der Satz geht weiter. Jetzt trifft es einen wunden Punkt bei uns: „also dieser Trottel, nein...“, „aber du weißt doch, was der mir angetan hat...“ - Ich weiß, es ist schwer, aber wenn Jesus auch so argumentieren würde...
Wenn Jesus mir vergeben hat, da ist es doch das mindeste, dass ich anderen auch vergebe.
Und führe uns nicht
in Versuchung,
Immer wieder beten wir diesen Satz. Wissen wir überhaupt, was er bedeutet?
Was ist eine Versuchung? Die Torte, in der Auslage beim Konditor um die Ecke, ist eine Versuchung für mich. - Außer, dass es meinem Körper sicherlich guttun würde, dieser Torte zu widerstehen, wird eine Versuchung immer dann kritisch, wenn es um etwas geht, das mir rechtmäßig nicht zusteht.
Eine Versuchung ist eine Situation, die mir zwar einen momentanen Vorteil und Genuss bringt, langfristig und objektiv gesehen mir oder anderen aber schadet. Sie begegnet mir tagtäglich, im Großen, im Kleinen, im Unwichtigen, im Existentiellen. Sie macht mir zu schaffen, ich kämpfe mit ihr.
Herr, ich bin zu schwach zu widerstehen, HILF mir!
Sondern erlöse uns
von dem Bösen.
Seitdem der Mensch sich von Gott abgewandt hat, ist sein tiefstes Wesen nicht mehr vom Guten beherrscht. Wir leben Ich-bezogen, suchen nur unser bestes und verlieren dadurch unsere Mitmenschen, unser Gegenüber, vollkommen aus den Augen.
Der Böse ist um uns herum. Wir begegnen ihm auf Schritt und Tritt. Er verursacht all das Leid und Schlechte auf dieser Welt, er möchte unsere Seele besitzen.
HERR, komm du in mein Leben hinein, verdränge das Böse aus meinem Herzen und fülle es mit Gutem.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.
Amen
Herr, wer bin ich denn überhaupt? Ich bin viel zu klein, um mit dir zu reden.
Du bist der Allmächtige, der Größte. Du hast alles in deiner Hand.
Du bist der Herrscher aller Zeiten und Welten.
Danke Vater, dass du dir, für mich kleinen Wurm, Zeit nimmst.
Amen.